Ich arbeite in der Werkstatt der Forensik, in der die Patienten arbeiten gehen können. Dort habe ich dann verschieden Aufgaben. Hauptsächlich setze ich mich zu den Patienten und arbeite einfach ein bisschen mit. Manche Patienten unterhalten sich zum Beispiel gerne oder brauchen bei einzelnen Aufgaben ein wenig Unterstützung.
Zusätzlich kümmere ich mich um die Besorgung und Zubereitung des Kaffees, da wir vor ein paar Monaten entsprechende Pausen für die Patienten eingeführt haben. Dadurch ist es in diesen Pausen etwas geselliger geworden.
Meine Lieblingsaufgabe habe ich in der Weihnachtszeit angefangen. Da durfte ich mit einzelnen Patienten in der Trainingsküche Plätzchen backen. Das hat mir und den Patienten so viel Spaß gemacht, dass ich das einfach weitergeführt habe und jetzt einmal in der Woche verschiedene Sachen mit verschiedenen Patienten backe.
Zwischendurch kommen aber auch immer mal andere Aufgaben auf, so dass es nie langweilig wird. ?
Besonders gut gefällt es mir, einfach im Kontakt mit den Patienten zu sein. Ob ich jetzt mit ihnen backe oder Gummibänder abwiege, es ist einfach super schön, sich mit den Patienten zu unterhalten. Was ich zum Beispiel nicht erwartet habe ist, dass ich zum Teil auch sehr viele Dinge von den Patienten lernen kann. Ich lerne hier unglaublich unterschiedliche und interessante Persönlichkeiten mit zum Teil bewegenden Geschichten kennen. Da vergesse ich schnell, dass es sich bei den Menschen um Straftäter handelt und das ist das, was ich an der Arbeit so schätze.
Was meine Einsatzstelle einzigartig macht, ist wahrscheinlich der hohe Zaun mit dem Stacheldraht, der das Gelände umringt. Da in der Klinik ausschließlich inteligenzgeminderte Menschen leben, die sich wegen einer oder mehrerer Straftaten im Maßregelvollzug befinden, kann man die Klinik mit einem Gefängnis vergleichen, bei dem jedoch weniger das Absitzen einer Strafe, sondern mehr die Therapie im Vordergrund steht.
Deswegen bin ich in meiner Einsatzstelle vielleicht etwas vorsichtiger und wachsamer, wenn man das so ausdrücken kann, als ich es wahrscheinlich in einem anderen Bereich wäre. Wie ich aber schon gesagt habe, vergisst man auch ganz schnell, dass es sich um Straftäter handelt, wenn man mit den Patienten näher in Kontakt kommt.
Ich wohne in relativer Nähe der Forensik, weshalb ich natürlich öfter schon mal etwas darüber gehört habe. Leider war das oft Negatives von Leuten, die in meiner Nachbarschaft leben. Die meisten sind wütend oder auch ängstlich, weil sie z.B. Angst um ihre Kinder haben, wenn Patienten aus der Forensik mal Ausgang haben. Manche haben sogar Schilder mit abwertenden Kommentaren gegenüber den Patienten in der Umgebung aufgestellt.
Dadurch wird man natürlich schnell auf die Forensik aufmerksam. Ich habe mich dann entschieden, dort mein FSJ zu leisten, um mir ein eigenes Bild zu machen und ich denke, wenn die wütenden und ängstlichen Menschen die Patienten und das Konzept der Forensik so kennen lernen könnten, wie ich das getan habe, dann würden sie ganz anders denken.
Die Seminarwochen waren größtenteils immer ganz cool. Leider konnte durch Corona nur unsere erste Seminarwoche in Präsenz stattfinden. Die restlichen Wochen konnten immer nur über Videokonferenzen gemacht werden. Trotzdem haben unsere Teamerinnen das gut gemeistert, so dass ich mich trotzdem immer auf die Seminarwochen freuen konnte. Ich habe dort viele interessante Leute kennen gelernt und zusammen haben wir uns dann über unsre verschiedenen Einsatzstellen ausgetauscht. Dabei haben wir sowohl über positive als auch negative Erfahrungen gesprochen und ich hatte das Gefühl, dass man sich in diesem Raum den Kollegen gut anvertrauen konnte.
Wir haben uns zusammen aber auch mit ganz vielen anderen Themen beschäftigt, Kooperationsübungen gemacht und Spiele gespielt. Die Wochen waren immer sehr abwechslungsreich.
Ich wollte die Zeit zwischen Schule und Studium auf jeden Fall nutzen, um Erfahrungen zu sammeln, die ich sonst wahrscheinlich nie sammeln würde. Da war das FSJ in der Forensik die perfekte Gelegenheit. Ich habe Menschen kennengelernt, die ich nie vergessen werde und auch einfach mal einen normalen 40 Stunden Arbeitsalltag zu haben, war eine gute Erfahrung, bevor es dann mit dem Studium weitergeht.
Für die Zukunft wurde ich eigentlich nur bestärkt, dass ich mich weiterhin mit Psychologie beschäftigen möchte.
Da ich so viel dazu gelernt habe, wäre es für mich etwas schwierig, alles aufzuschreiben. Generell habe ich noch einmal auf ganz andere Art gelernt, Menschen zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, ebenso, dass Kommunikation eine ziemliche wertvolle Sache ist, die aber vielleicht gar nicht so selbstverständlich und einfach ist, wie man manchmal merkt.
Natürlich habe ich aber auch gelernt, Situationen schnell einzuschätzen und genau darauf zu achten, womit ich mich wohlfühle und womit ich an meine Grenzen kommen könnte. Dadurch habe ich mich selbst noch ein bisschen besser kennengelernt und bin bestimmt auch selbstbewusster geworten.