Rund 100.000 Menschen leisten jedes Jahr ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Durch ihr bürgerschaftliches Engagement tragen sie wesentlich zur Stärkung einer demokratischen Gesellschaft bei. Dass sich junge Menschen ein Jahr lang freiwillig in Vollzeit in den Dienst der Gesellschaft stellen, verdient große Anerkennung und Wertschätzung.
Seit Juli macht Vladimir Schädler sein FSJ bei den Alexianern in Münster in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung. Er ist 21 Jahre alt, wohnt in Saerbeck und nutzt Bus und Bahn für seinen Arbeitsweg. Das Monatsticket kostet ihn 133,40 Euro. Im Freiwilligendienst wird ein monatliches Taschengeld von 423,- Euro gezahlt. Ein FSJ macht er, um sich beruflich neu zu orientieren. „Die Arbeit im Haus Margareta gefällt mir super. Das FSJ ist für mich eine sinnvolle Tätigkeit mit Zukunftsperspektive.“, schwärmt Schädler „Finanziell ist es aber nur schwer zu stemmen. Nach Abzug der Fahrtkosten bleibt mir von meinem Geld nur noch wenig übrig“.
Ähnlich wie Schädler geht es einigen der rund 1.000 Freiwilligen, die von den Freiwilligen Sozialen Diensten (FSD), dem katholischen Träger für Freiwilligendienste im nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster begleitet werden. Kerstin Stegemann (Geschäftsführerin der FSD Münster) fordert daher: „Wenn wir als Gesellschaft die Forderungen nach Teilhabe ernst nehmen, Menschen für einen Freiwilligendienst begeistern möchten und verstärkt Einblicke in soziale und ökologische Berufsfelder ermöglichen wollen, müssen finanzielle Hürden abgebaut werden. Die Weiterführung des 9-€-Tickets für alle Freiwilligendienstleistenden ab September 2022 ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung“.
Seit vielen Jahren gibt es Bemühungen, die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) für Freiwilligendienstleistende zu ermöglichen. Im Rahmen der Kampagne #freiefahrtfuerfreiwillige setzen sich bereits seit 2017 der Bundesarbeitskreis FSJ (BAK FSJ), die Landesarbeitsgemeinschaften/Landesarbeitskreise der Freiwilligendienste, die Bundessprecher*innen der verschiedenen Freiwilligendienstformate sowie eine Vielzahl anderer Akteure der Freiwilligendienstlandschaft dafür ein. Ein bundesweit einheitliches ÖPNV-Ticket scheiterte bisher an unterschiedlichsten Gründen: an den Kompetenzzuweisungen zwischen Bund und Ländern, an der Uneinigkeit regionaler Verkehrsbetriebe und der Deutschen Bahn sowie an den Kosten.
Die Erfolgsgeschichte des 9-€-Tickets macht deutlich, dass bei entsprechend gelagerten Interessen sowie politischem Willen ein bundesweit vereinheitlichtes Ticket möglich ist!
Ein 9-€-Ticket für Freiwillige
• erleichtert den Zugang zu einem Freiwilligendienst und baut finanzielle Hürden ab.
• macht die Anerkennung und Wertschätzung für die Freiwilligen sichtbar.
• ist klimafreundlich.
• ist ein wertvoller Beitrag zur Mobilitätswende.
• macht den Freiwilligendienst attraktiver und stärkt damit unsere demokratische Gesellschaft.
Der Zusammenschluss der Landesarbeitskreise, Landesarbeitsgemeinschaften und Landeskonferenzen der Freiwilligendienste der einzelnen Bundesländer fordert daher als Zwischenschritt auf dem Weg zur kostenfreien Nutzung des ÖPNV die Fortführung des 9-€-Tickets für alle Freiwilligendienstleistenden über den August 2022 hinaus.